Glück in glücksfernen Zeiten

(Eigentlich liegt ein komplett anderer Entwurf in meiner WordPress-Ablage, aber mir ist nach ein paar Zeilen, die in eine andere Richtung gehen…Warnung: die kommenden Zeilen sind persönlich)

"Evolution is so creative, that's how we got giraffes." (Kurt Vonnegut)

"Evolution is so creative, that's how we got giraffes." (Kurt Vonnegut)

Vor ein paar Tage las ich im Blog einer Freundin die sehr persönliche Zusammenfassung ihrer vergangenen Jahre, die wahrlich von vielen Rückschlägen und Verlustängsten geprägt waren, aber auch von stetigem Mut und Kraft zeugten. Ihr Himmel scheint sich aufzuklaren, da nach Jahren der Dürre endlich wieder eine Festanstellung greifbar wurde und somit hoffentlich auch wieder eine langfristige Perspektive. Sie endete ihren Beitrag mit dem wunderbaren Gedanken… dass ihr momentan das neue Glück ihrer besten Freundin sehr nahe am Herzen liegt und dass diese nach all den vielen Jahren der Glücksferne es verdient, glücklich zu sein.

Ein paar Tage zuvor schrieb mir eine andere Freundin sinngemäß, dass wir Menschen uns im Leben stets unserer eigenen Fernbedienung bewußt sein sollten und uns stets das Programm selbst aussuchen sollten, welches wir wirklich sehen wollen. Den Rest des Beitrags lesen »

I hate luv storys

…lautet der Titel eines derzeit hier im Kino laufenden Bollywood-Films, in dem ein junger Produktionsassistent (Imran Khan), trotz tiefer Abneigung für romantische Liebesfilme, am Dreh eines… genau: romantischen Liebesfilms mitwirkt und nach ungefähr zwei Stunden Film (und gefühlten neun Stunden für den Zuschauer) sich eingestehen muss, in seine… genau: romatisch veranlagte Kollegin und Vorgesetzte am Set (Sonam Kapoor) verliebt zu sein. Als Variation der jahrelang überaus beliebten Schweiz als Drehort für exotische Aussenaufnahmen durfte dieses Mal das schöne Neuseeland herhalten (was in diesem Film jedoch wie eine Großausgabe der Schweiz daherkommt) und nachdem sie ihren bereits als Schwiegersohn in spe akzeptierten Mr. Perfect, realischterweise ein nett-langweiliger Bankanalyst (immerhin stets in wunderschöne Hemden gekleidet), im Regen stehen lässt, finden beide auf der Filmpremiere überraschenderweise zusammen.

Alpenhochburg Bollywood

Alpenhochburg Bollywood

Angesehen habe ich mir diesen knapp dreistündigen Film zu der gewöhnungsbedürftigen Kinozeit um die Mittagsstunde. Gemeinsam mit ein paar Kollegen vom Max Mueller Bhavan, also dem indischen Goethe-Institut, sind wir an den Connaught Place gefahren und suchten bei brüllender Hitze, atemraubenden Staub und unüberwindbar erscheinenden Baustellen einen Weg zum PVR Rivoli. Altes Gebäude von drinnen, modern von innen, die gute alte Unterbrechung nach neunzig Minuten, die üblich laffe Paneer-Fladenrolle und das wohlvertraute Gefühl, dass einige Bollywoodmachwerke im Grunde charmant-witzige, unterhaltsame und leidlich originelle Filme sein KÖNNTEN, wenn sie eben beim Anbrechen der Pause beendet wären. Die Zugabe von über einer Stunde ist oftmals schmerzhaft mitanzusehen und der Drei-Stunden-Filmlänge-Korsettzwang wird nur halbherzig von den Drehbuchautoren verheimlicht. Neben wenigen englischsprachigen, oftmals aus Actionfilmen und Komödien der Hollywood-Traumfabrik bestehenden Streifen wurde in „I hate luv stories“ zu 99 Prozent Hindi gesprochen, das fehlende eine Prozent besteht aus den in die Alltagssprache eingegangenen englischen Redewendungen („I hate to say that, but [Hindi]“, „Oh, how wonderfull!“, „Excellent“…). Selten fiel es mir so leicht, der Geschichte zu folgen, da auch bei einer Unterlegung der Filmbilder mit Texten von William Blake das Zelluloidmaterial sich nicht durch größere Sinnhaftigkeit ausgezeichnet hätte.

Nach gut vier Monaten melde ich mich also zurück mit meinem Blog, zurück aus Indien und der Hauptstadt zurück. Zurück aus dem Land, in dem die Gespräche über das Wetter kein Zeichen von Verlegenheit ist und sich derzeit Sonnenschein mit heftigen Regengüssen abwechselt und die staubige Luft auf Delhis Straßen sich mit gefühlten über neunzig Prozent Luftfeuchtigkeit vermischt. Kurzum: der Monsun hat begonnen und wird uns wohl bis Mitte September noch zu erfreuen wissen. Die ersten dreieinhalb Monate bin ich sichtbar nicht über den guten Willen hinausgekommen, meinem ersten Eintrag am ersten Tag meiner Ankunft in Delhi („Fängt ja gut an, dachte ich mir“) weitere Berichte, Stimmungen und Erlebnisse folgen zu lassen. Mitte Juni war ich dann für zwei Wochen in Deutschland und haben neben der herrlichen Ablösung des nahezu konstant blauen indischen Himmels und vierzig Grad durch die grauen Wolken und zwanzig Grad Mitteldeutschlands die Tage damit verbracht, mich an das Gefühl, in Salzgitter Urlaub zu machen, zu gewöhnen. Familie und Freunde konnten nur zum Teil besucht werden, dafür gab es Momente, in denen die vierzehn Tage einem Urlaub näher kamen: ausgedehnte Spaziergänge, etwa rund um den Heerter See, Ausflüge nach Herford (ins Marta) und Hornburg, Ausgehen, Shoppen, Kino mit der Stadtkatze und Faulenzen ohne, da sie arbeiten musste.

Rückkehr dann Ende Juni, am Tag, an dem wir Wembley vergessen gemacht haben und uns würdig für die 1:5-Klatsche vor wenigen Jahren in München revanchiert haben… und Tage der erneuten Eingewöhnung an das noch nicht vertraute Indien.

Und Tage der großen Veränderungen.

Nicht nur an meinem derzeitigen Arbeitsbereich, in der Bibliothek des MMB, die wir am 20. Juli mit den neuen Möbeln ein zweites Mal in diesem Jahr wiedereröffnen… sondern vor allem in meinem Leben.

Nach knapp acht Jahren des gemeinsamen Herumstreichens um Häuser-, Länder- und Sofaecken endet der gemeinsame Weg der Stadtkatze mit dem Stadtkater. Die Stadtkatze stellt sich mutig neuen Herausforderungen im Leben und möchte eigentlich ein komplett anderes Leben führen, was der (zu) viele Kilometer entfernte Kater verstehen kann, ihn dennoch derzeit ein wenig ratlos und waidwund zurücklässt. Die Zukunft ist so offen wie schon lange nicht mehr – Straßengraben und Chance zugleich – und neben den tausend Gedanken und vielen Zweifeln, die mir in diesen Tagen durch den Kopf gehen, ist mir der Wunsch nach Freundschaft (am Ende der Partnerschaft) zwischen uns beiden Straßenräubern mit am wichtigsten.

Don't you ever forget

Der Wunsch, Dein zukünftiger Weg möge von mehr Freude im und Glauben ans Leben verbunden sein, ebenfalls.

Enden möchte diesen ersten Blogger-Gehversuch seit Menschengedenken (vier Monate ohne Aktualisierung in einem virtuellen Medium dürften einer Ewigkeit gleichkommen) mit zwei Strophen meines Lieblingsmusikers Bruce Springsteen, der sich in seinem 1980 veröffentlichten Lied „Independence Day“ sehr persönlich und direkt an seinen Vater richtet… ein paar Zeilen dieses schönen und zurückhaltenden Songs wollen mir jedoch momentan nicht aus dem Kopf gehen…

Now I don’t know what it always was with us
We chose the words, and yeah, we drew the lines
There wa
s just no way this house could hold the two of us
I guess that we were just too much of the same kind

So say goodbye it’s Independence Day
It’s Independence Day
All down the line
Just say goodbye it’s Independence Day
It’s Independence Day this time

(Für s.)