Was einstmals Hunde waren, sind heute Katzen…

Seit drei Wochen bin ich wieder in Delhi, zwei Wochen sind seit dem Gespräch vergangen, dass die Zeit in ein Vorher und in ein Nachher einteilt, und ich spüre, es ist an der Zeit, einmal kurz innezuhalten, tief durchzuatmen und das Kettenhemd aus Zweifel, Angst und Vorwürfen für mehr als ein paar Minuten abzulegen und es den Katzen gleichzumachen: Den Blick nach vorne richten, sei es, um dem nächsten Regentanz ums Futter entgegenzusehen, sei es, um aus der selbsterwählten Ecke herauszukommen und andere Katzen über den Haufen zu rennen.

Lange Telefonate können die gleiche Wirkung wie Yoga haben, die Zeit schreitet unbemerkt voran, die Übungen werden vertrauter und trotz tausend anderer Dinge, die möglich wären, stellt sich ein Gefühl der Zufriedenheit ein. Noch immer viele Stufen zum vom Yogatrainer unprätentiös apostrophierten peace of mind, aber immerhin kleine vertrauensbildende Maßnahmen.

Unity in Diversity

Unity in Diversity

(Die hoffentlich eher zum Ziel führen als die einmal wieder derzeit zu beobachtenden diplomatischen Bemühungen zwischen Indien und Pakistan, bei denen es allzu oft nur darum ging zu klären, sich über die Ranghöhe der Politiker auszutauschen, die beim nächsten Treffen darüber verhandeln, worüber sie in ihren Gesprächen nicht verhandeln werden… höchste Zeit für ein neuerliches 5-Tage-Test-Match der beiden Cricketnationen.)

Am Ende einer worteichen Nacht dauerte es ein paar Minuten nach dem Erwachen, bis ich blind tastend meine Brille fand und erst, nachdem ich sie aufgesetzt hatte, hörte ich das kontinuierliche Strömen des Regens, vom kleinen Balkondach fiel ein dichter Vorhang aus Wasser auf die Balustrade, erzeugte ein Geräusch und fiel ein Stockwerk tiefer. Pausenlos, aber sanft und das milchige Grau des Himmels ist dieses Mal nur dies und keine Projektionsfläche vermeintlicher Ungerechtigkeiten in dieser Welt. Diese verlieren ihre Bedeutung, so dass die tatsächlichen wieder mehr Raum gewinnen. Etwa an jeder zweiten Straßenkreuzung, an die Scheiben des Autos klopfend und an der Kleidung zupfend. Heute sind es langgestreckte und einer sanften Landung entgegenspringende Katzen, die wohltuende Abkühlung bringen… vor zwei Wochen waren es noch Hunde, die einen schutzsuchend zum laufen zwangen und Unverständliches bellten.

The distance from her to eternity ist nun kleiner geworden.

Blick über Delhi hinaus

Blick über Delhi hinaus

Regen fällt an Regentagen

In der Rickshaw sitzend, vernehme ich auf der Rückfahrt von meiner Arbeit mit wohlwollendem Grauen das beständig zunehmende Trommeln der Regentropfen auf dem Zeltdach des dreirädigen Gefährts. Dicke Tropfen, die im Staub Krater hinterlassen und Dich möglichst schnell die sichere Wohnung erreichen lassen wollen. Im zweiten Stock angekommen ziehen sich die Wolken zusammen, der Wind nimmt zu, der Regen setzt sanft ein und bringt Abkühlung durch die weitgeöffnete Terrassentür. Durchatmen und das wogende Grün der Bäume und seinen schönen Kontrast zum tiefen Grau des Himmels genießen, über die vergangenen Tage nachdenken, die Regengüsse stets mehr willkommen heißen als die drückend-heiße Schwüle indischer Sommertage.

Wie wenig von dieser Stadt eigentlich stehen bleiben müsste, wie schnell ihre offenliegenden Adern entlang der Straßen und Plätze platzen müssten. Morgen früh wieder fast alles wie zuvor, fast alles verdunstet, einzig verstopfte Kanäle und abgesoffene Straßen bleiben als Zeugen dieser launischen und lang ersehnten Jahreszeit zurück. Naturgewalt, die ich gerne im Zentrum erleben möchte (wäre da nicht diese banal-bösen Blitze) und nicht oft genug fotografieren, filmen und bewundern kann. Gegen Ende der Wasserspiele ein hell leuchtender Himmelstreifen und die Erinnerung an Abenddämmerung. Eine halbe Stunde Drama, Gewalt, Dunkelheit und Wind. Danach Ruhe und unmittelbares Vergessen.

Mein erster indischer Sommer, meine erste durchdringende Regenzeit.

…mit ein paar Zeilen aus „Irgendwann Regen“ der Hamburger Kantriekram-Combo FINK im Kopf wünsche ich eine gute Nacht…

manche gehen in den keller
und welche rauf zum dach
welche schlafen satt und träge
und die anderen liegen wach

einer sagt er hat ne karte
und da steht genau drauf
wie’s in zukunft für ihn aussieht
und genauso wird’s dann auch

(refr.)
irgendwann wird’s regen geben
das ist sicher, soweit ich weiss
irgendwann wird’s regen geben
nur mir wär’s lieber es wär nicht gleich