Glück in glücksfernen Zeiten

(Eigentlich liegt ein komplett anderer Entwurf in meiner WordPress-Ablage, aber mir ist nach ein paar Zeilen, die in eine andere Richtung gehen…Warnung: die kommenden Zeilen sind persönlich)

"Evolution is so creative, that's how we got giraffes." (Kurt Vonnegut)

"Evolution is so creative, that's how we got giraffes." (Kurt Vonnegut)

Vor ein paar Tage las ich im Blog einer Freundin die sehr persönliche Zusammenfassung ihrer vergangenen Jahre, die wahrlich von vielen Rückschlägen und Verlustängsten geprägt waren, aber auch von stetigem Mut und Kraft zeugten. Ihr Himmel scheint sich aufzuklaren, da nach Jahren der Dürre endlich wieder eine Festanstellung greifbar wurde und somit hoffentlich auch wieder eine langfristige Perspektive. Sie endete ihren Beitrag mit dem wunderbaren Gedanken… dass ihr momentan das neue Glück ihrer besten Freundin sehr nahe am Herzen liegt und dass diese nach all den vielen Jahren der Glücksferne es verdient, glücklich zu sein.

Ein paar Tage zuvor schrieb mir eine andere Freundin sinngemäß, dass wir Menschen uns im Leben stets unserer eigenen Fernbedienung bewußt sein sollten und uns stets das Programm selbst aussuchen sollten, welches wir wirklich sehen wollen.

Ich suche nach dem Zusammenhang dieser beiden Aussagen, denn ich weiß, es gibt ihn. (Und nein, an dieser Stelle möchte ich nicht meine vergangenen zehn Jahre aufzählen, an deren Anfang ein tiefer familiärer Einschnitt und an deren Ende die abgelaufene Sanduhr einer Beziehung steht.)

Der goldene Sand in dieser gefängnisgleichen Uhr, der wunderbare Mensch, mit dem ich die vergangenen Jahre meines Lebens geteilt habe, griff ebenfalls kürzlich wieder ihr virtuelles Tagebuch auf, um über ihr neu gefundenes Glück und über dass damit verbundene Gefühl von Harmonie zu berichten, dass sich in ihrem Leben seit der Trennung eingestellt hat. In den vergangenen Wochen führten wir längere Gespräche, die noch (oder wieder?) viel von dem enthielten, was ich jetzt einfach einmal Vertrauen nennen möchte. Sie teilte mir Tage nach der Trennung mit, dass sie zukünftig alles zurücklassen möchte, was ihr vorheriges Leben ausgemacht hat und dass sie nach einer vollkommen neuen Art der Beziehung sucht, die ihr mehr Geborgenheit und Verständnis bieten kann. Anfang der Woche erfuhr ich dann von ihrer neuen Liebe und wir sprachen länger über das, was sich in seinem eigenen Tempo in ihrem Leben verändert hatte. Während wir miteinander redeten, spürte ich – ohne Gedanken an das vermeintlich Ungewöhnliche meiner Reaktion – wie sich ein großer Knoten in mir löste, eine tiefe Anspannung und Unruhe in mir löste und ich meiner Freude für sie freien Lauf lassen konnte.

Sollte dies nicht die zu erwartende Reaktion gewesen sein… egal. Wo bleiben Ärger und Wut? Außerhalb meiner Gedankenwelt auf jeden Fall. Warum sollte das Fehlen eines Handbuchs über „Die goldenen Regeln nach einer Trennung“ nicht auch dazu führen, dass ich mir meiner Gefühle für sie im Moment der Auflösung nochmals bewußt werde? Kurzum: Sie hat alles Glück in all seiner Farbenfreude verdient.

(Was für ein verrücktes, anstrengendes Leben.)

Glück, in Erfüllung gehende Träume und einen Menschen an ihrer Seite, der ihr etwas geben kann, wozu ich nicht in der Lage war, nicht in der Lage sein konnte… wünsche ich ihr seit dem langen Augenblick unserer Trennung. Wir sind in einer Phase, in der für Dich besuchte Zeiträume ihre Relevanz verloren haben, während ich mich noch länger in ihnen aufhalten werde… trotz des Wissens und der Bemühungen, den Blick nach vorne zu richten und die Trennung ebenfalls als Chance anzusehen. Der Schmerz, den ich beim Lesen von Freundeszeilen verspüre, die sich auf ihr langes Warten auf Glück beziehen, ist real und dennoch einzig dazu angetan, überwunden zu werden. Eine weitere Schicht im langen Häutungsprozess, der nichts mehr mit ihr zu tun hat. Und acht Hautschichten im Sand hinterlassen sollte.

Der Blick in ihr Gesicht ist wunderbar und berührend zugleich… kein Schmerz hier… und lässt mich wieder sechsundzwanzig sein und führt mir meine Zuneigung für sie vor Augen, erinnert mich an den Beginn unserer Beziehung und an Augenblicke in den vergangenen Jahren, in denen ich sie stark und in denen ich sie schwach gesehen habe…

Ich sehe einen Blick in ihren Augen, der in die richtige Richtung geht.


She’ll look at you and smile
And her eyes will say
She’s got a secret garden
Where everything you want
Where everything you need
Will always stay
A million miles away

(Die letzten Zeilen aus „Secret garden“)

Hinterlasse einen Kommentar